1998

INTIME HÖR-ERFAHRUNGEN

- Die Insel Musik 25 ab heute im SFB und Arsenal -

 

Die INSEL-MUSIK, dieses kleine, aber hochkonzentrierte, heute (am 19.11) und am kommenden Wochenende stattfindende Festival für Neue Musik, wird 20 Jahre alt. Seit dem ersten Konzert 1978 (mit den drei Inselbewohnern Maki Ishii, Japan, P.Gutama Soegijo, Java, und Erhard Grosskopf, Westberlin) hat sich der Inselbegriff vollständig vergeistigt und bezeichnet die stillen Außenseiterpositionen der eingeladenen Komponisten und spezialisierten Interpreten. Der sich als Organisator opfernde Komponist Grosskopf ("Lichtknall", Deutsche Oper Berlin 1987) hat sich nicht nur maßgeblich um die Aufführung der letztlich doch selten gespielten Werke von Cage und Morton Feldman, sondern auch um viele weniger bekannter Werke der dem musikalischen Expressionismus und Realismus eher abgeneigten Richtung verdient gemacht. Ein esoterischer Zirkel war die Insel Musik dabei nie und hat sich stets auch um die neuen Ideen junger Komponisten bemüht.

Im heutigen Klavierabend (19.11., 20 Uhr) mit Daniel N. Seel steht neben Stefan Wolpes "Battle-Piece" mit der "Concord-Sonate" von Charles Ives aus den Jahren 1909-15 ein Werk im Mittelpunkt, dessen Anspruch, ein musikalisches Porträt der transzendentalistischen Philosophen des Concord-Kreises 1840-60 (Hawthorne, Thoreau u.a.) zu zeichnen, auch heute noch Zumutung und Maßstab zugleich ist.

Tom Johnson, dessen "Bonhoeffer-Oratorium" gestern in der Philharmonie zu hören war, wird am 21.11. um 18 Uhr im Kleinen Sendesaal des SFB seinen "Chord Catalogue" exerzieren, Minimalmusic geradezu gigantischen Ausmaßes: Sämtliche möglichen 8178 Akkorde einer einzigen Oktave in nur einer Stunde! Bis heute ist Johnson der einzige, der dieses Stück mathematischer Musik, das er mehr als Naturphänomen denn als Komposition begreift, spielen kann.

Anschließend, ab 20 Uhr, wird das Kammerensemble Neue Musik ein Programm mit Insel-Musiktypischer Bandbreite u.a. mit logisch gestalteter Musik von Philippe Leroux, gesellschaftskritischer von Frederic Rzewski, der höchstkomplexen, mit Obertonreihen und chaotischen Zuständen arbeitenden "Lenzmusik 4" von Erhard Grosskopf, u.a. vorstellen.

Das Festival endet am Sonntag um 17 Uhr im Arsenal mit Peter Ablingers Erforschungen des Rauschens bzw. Isabel Mundrys über Motivik, sowie der Aufführung eines Films über den Einbruch dröhnender Stille mit Musik von Helmut Lachenmann "...zwei Gefühle... - Musik mit Leonardo".

Matthias R. Entreß

 

Insel Musik, heute, 20 Uhr, am 21.11. ab 18 Uhr im Kleinen Sendesaal des SFB, Masurenallee 8-14, am 22.11. um 17 Uhr im Arsenal Welserstr.25.

Karten bei der Galerie Gelbe Musik, Schaperstr.11, Theaterkasse Wertheim und Abendkasse, für den 22.11. nur im Arsenal.