Start: 17.9.  

Filmuniversum Hongkong   Das "Hong Kong Film Festival" im Arsenal zeigt die ganze Palette cinematografischer Kreativität      

Das Hongkong-Kino ist hierzulande meist nur fragmentarisch wahrgenommen worden: Mal als artistisches Kung-Fu-Massaker, als düster-blutrünstiger Kampf gewalttätiger Cops gegen den allgegenwärtigen Triaden-Terror, oder als intellektueller Autorenfilm solcher Stilisten wie Wong Kar-Wei (Fallen Angels). Das "Hong Kong Film Festival Berlin", das im Rahmen der Asien-Pazifik Wochen vom 17.-30.9. im Arsenal stattfindet, versucht nun, mit vierzehn neueren Filmen der absolut faszinierenden Vielfalt der Hongkonger Filmszene gerecht zu werden. Tatsächlich ist das Kino die wichtigste künstlerische Ausdrucksform dieser übervölkerten Megacity-Hölle. Kommerzieller Erfolg ist gewiss die erste Basis des Filmemachens in Hongkong, aber weitaus entschiedener als in Hollywood geht das hier mit kreativem Mut und Witz einher. Und das äußert sich in jedem Film, bei jedem Regisseur auf unterschiedliche Weise.  

"Stormriders", Andrew Lau's Mega-Hit von 1998 (21./26.9) z.B. wirkt mit seinen augenzwinkernd anti-illusionistischen wie virtuosen Digitaleffekten wie das ultimative Statement zum religiös inspirierten Kungfu-Mystizismus der 70er Jahre. Hier lohnt der Vergleich mit dem ebenso Atem beraubenden Historienfilm "Swordsman" (1990) von Action-Altmeister King Hu (22./28.9).  

Auch Gangsterfilme sind für manche Überraschungen gut. Das Spektrum reicht von Johnnie To's kristallin choreografierten Schießereien in "The Mission" - mit einem überraschend warmherzigen Schluss (22./29.9.) bis zur bittersüßen Romanze "Juliet in Love" von Wilson Yip, wo ein Kleinkrimineller und eine brustamputierte Frau ein zufälliges Familienglück erleben, nachdem ein Gangsterboss ihnen seinen Bankert anvertraut hat... (18./23.9)  

Mit drei Filmen einer der Hauptpersonen des Festivals ist der Regisseur Fruit Chan. Fernab aller kommerziellen Moden wirft er einen halbdokumentarischen Blick auf das tatsächliche Leben in Hongkong. In "Durian Durian" schildert er, mit Laiendarstellern, was Hongkong den illegalen oder als Touristen eingereisten Volksrepublik-Chinesen abverlangt. Das dreimonatige Dasein als Prostituierte wird für die hübsche Yan, wieder zurück zuhause im öden Nordchina, ein blinder Fleck in ihrer Vergangenheit, über den sie mit niemandem reden kann. Nur eine Durian, eine große Frucht, köstlich für die einen, stinkend für die anderen, wird zur heimlichen Metapher ihres Hongkongs. (21./28.9.)   Hongkong ist ein kleiner Fleck, bewohnt von wahnsinnig vielen Leuten, seine Filmszene aber ist ein komplettes Universum.  

Matthias R. Entreß      

Arsenal, Filmhaus Potsdamer Str.2, Berlin-Tiergarten, Tel. 26955100, 17.-30.9. meist ab 19 Uhr   www.fdk-berlin.de =>Arsenal =>Programm